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Vielen Dank, Fevronia, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast! Deine musikalische Reise ist faszinierend. Wie hat deine Kindheit in Griechenland und deine intensive Ausbildung im Karate deine Liebe zur Musik geprägt?

Fevronia: In Katerini bin ich mit klassischer europäischer und traditioneller griechischer Musik aufgewachsen, was diese Liebe zur Musik sehr geprägt hat. Gleichzeitig habe ich von klein auf Karate praktiziert, was mir Disziplin und Durchhaltevermögen vermittelt hat. Es ist bemerkenswert, wie diese beiden Bereiche – die Musikalität und die körperliche Disziplin – sich ergänzen. Karate lehrt uns, sowohl Stärke als auch Zartheit zu schätzen. Diese Balance ist etwas, das ich in meiner Musik und meinem Leben stets anstrebe. Die Erfahrungen aus dem Karate, meine Zeit in der Nationalmannschaft, haben mir geholfen, auch auf der Bühne selbstbewusst und präsent zu sein.

Du hast ein Gesangsstudium in Wien begonnen, aber schnell beschlossen, dass die klassische Musik nicht dein Weg ist. Was führte zu dieser Entscheidung?

Fevronia: Ich liebe meine dramatische Sopranstimme und übe sie weiterhin, denn klassischer Gesang ist für mich nicht abgeschlossen. Ich habe vor, in Zukunft mehr damit zu arbeiten. Die Technik, die ich während meines Studiums erlernt habe und noch übe, bildet die Grundlage für alles, was ich singe. Sie beeinflusst meine Ausdrucksweise, die Art, wie ich verschiedene Musikstile interpretiere und wie ich mich auf der Bühne präsentiere.. Jedoch wollte ich einen Weg finden, der mir die Freiheit gibt, die mein Geist und meine Seele brauchen, kulturellen Einflüsse zu integrieren und verschiedene Stilrichtungen zu erkunden. Das führte mich schließlich zur globalen Musik und Popmusik, wo ich meine künstlerische Identität auch entfalten kann.

Dein Umzug nach Köln hat deine musikalische Karriere maßgeblich beeinflusst. Wie hast du die Stadt und deine Musikszene erlebt?

Fevronia: Köln hat mir eine neue Welt eröffnet! Hier konnte ich direkt in die Szene der traditionellen griechischen Musik eintauchen und im 2016 das Ensemble Rebetikon mitgründen. Diese Erfahrung hat mir erlaubt, die Wurzeln meiner Kultur neu zu interpretieren. Es ist eine Freiheit, die ich sehr schätze und ich freue mich, in dieser dynamischen und kreativen Umgebung zu arbeiten. Tief in mir bin ich sowieso eine „Rembetissa“.

Du arbeitest oft mit Männern in der Musikszene zusammen. Wie erlebst du diese Dynamik?

Fevronia : Ich genieße die Zusammenarbeit mit Männern in einem kreativen Umfeld. Es ist wichtig, eine Balance zwischen Stärke und Sensibilität zu finden. Karate half mir, meine eigene Dynamik und Unabhängigkeit zu entwickeln, was mir in einer von Männern dominierten Welt zugutekommt.

Dein Projekt „Indogreek“ vereint die Musiktraditionen Griechenlands und Indiens. Wie kam es zu dieser faszinierenden Idee?

Fevronia: Die Idee entstand aus meiner Faszination für die Vielfalt der Musik. Beides weist reiche, emotionale Musiktraditionen und Parallelen auf. Mit „Indogreek“ möchte ich dies erforschen und ein interkulturelles Erlebnis schaffen, das die Menschen zusammenbringt. Diese Begegnungen bereichern nicht nur meine Musik, sondern auch die Herzen der ZuhörerInnen. Das Zusammenspiel unterschiedlicher Klänge und Geschichten macht jede Aufführung zu einem einzigartigen Erlebnis.

Du hast kürzlich eine Tour mit den bekannten griechischen Laouto Spieler und Sänger George Xylouris gemacht. Wie war diese Erfahrung für dich?

Fevronia: Die Tour mit George Xylouris war unglaublich! Seine Musikalität und Art, die Bühne zu beleben, inspirieren mich. Es war eine wunderbare Gelegenheit, mit einem so talentierten Musiker zu arbeiten und unsere Kreativität zu vereinen. Die Konzerte waren voller Energie und Emotionen – es war ein echtes Fest der Musik!

Du hast im Juli deine erste Single „Yula“ veröffentlicht. Was kannst du uns darüber erzählen?

Fevronia:„Yula“ ist ein besonderes Stück, welches von Epirus (Region in Griechenland) inspiriert war. Musik und Text hat der talentierte Dimitrios Pingios geschrieben, und ich freue mich, dass das Stück endlich das Licht der Welt erblickt hat. Für sein Vertrauen bin ich sehr dankbar. Ich liebe „Yula“.  Das Arrangement und die Produktion von Gert Kapo geben einen besonderen globalen Klang. Es ist der erste Schritt in eine neue Phase meiner musikalischen Reise.

Interviewer: Was machst du, wenn du die Inspiration verlierst?

Fevronia: Beim Gefühl, die Inspiration verloren zu haben, suche ich erneut die Liebe – die Liebe zu mir selbst, zur Welt, zu den Momenten und zu den Menschen um mich herum. Diese Zuneigung ist für mich eine Quelle der Kreativität. Wenn ich in einen Zustand der Liebe eintauche, kehrt die Inspiration ganz natürlich zurück. Ich finde Frieden in der Natur, umgebe mich mit geliebten Menschen und lasse die Musik in meinem Herzen sprechen. Es ist in diesen zarten Momenten, dass ich wieder mit meiner kreativen Essenz verbunden werde und alles wieder fließt.

Wem bist du besonders dankbar?

Fevronia: Ich bin besonders dankbar für viele Menschen: Mein Onkel hat mir meine erste Gitarre in die Hand gedrückt und den Grundstein für meine musikalische Reise gelegt. Mein Schullehrer, der mir Altgriechisch und Latein beigebracht hat, hat mir auch dutzende Alben aus verschiedenen Richtungen geschenkt, was meinen musikalischen Horizont erheblich erweitert hat. Außerdem bin ich unendlich dankbar für meine wunderbare Familie, die mir so nah ist und meine Träume immer unterstützt hat, und meinem kleinen Bruder – das Leben ist viel schöner, nur weil er existiert. Seine Anwesenheit bringt so viel Freude, Inspiration und Licht in meinen Alltag.

Du wirst auch in der Schauspielerei für das erste Mal aktiv und hast eine Hauptrolle in einer neuen ZDF neo-Serie bekommen. Wie kam es dazu? Wie war es, das erste Mal an einem Casting teilzunehmen und wie herausfordernd, zwischen Musik und Schauspielerei zu jonglieren?

Fevronia: Beim Casting wusste ich nicht, dass es sich um eine Hauptrolle handelt. Es war ursprünglich ein Komparsen-Job mit mir als Sängerin. Aber der Showrunner und Hauptautor hat etwas Schauspielerisches in mir gesehen und ich sollte ein paar Dialoge lernen und das E-Casting mitmachen. Frist zur Abgabe war der Tag der Veröffentlichung meiner erste Single „Yula“ und es hat zeitlich nicht gepasst, dass jemand mit mir die Dialoge spielt - so habe sie dann alleine gespielt, als ob ich mit jemanden reden würde. Dann wurde ich zum live Casting eingeladen und somit die Rolle bekommen. Es ist eine Herausforderung und aufregend! Beide Kunstformen sind kreativ und bereichern sich gegenseitig. Disziplin und das Gefühl für Timing in der Musik helfen auch beim Schauspielern. Bin sehr gespannt.

Was sind deine nächsten Schritte und Projekte, die du in der nahen Zukunft planst?

Fevronia: Neben den Dreharbeiten zur Serie arbeite ich an neuen Singles und der Veröffentlichung des Albums der Band Rebetikon. Außerdem plane ich die Produktion meiner ersten EP mit Kompositionen des virtuosen griechischen Gitarristen Dimitris Lappas. Herbst 2025 ist noch ein Album geplant. Es ist eine Überraschung! Ich arbeite auch an meiner Performance für „Ifigeneia“, das erste Musikwerk von Christos Koutsidis, welches ich zum ersten Mal 2022 in Griechenland im antiken Theater in Mieza (damaliger Aristoteles Unterrichtsort) performte. Dieses wunderbare Musikwerk möchte ich in Deutschland mit Obertitel auf Deutsch, Türkisch und Italienisch präsentieren. Es beschreibt die fünf Stadien der Trauer, und ich werde diese Rolle mit Klavier und Geige interpretieren, so wie beim Original. Es ist ein musikalischer Monolog, der tief berührt und die Zuschauer auf eine emotionale Reise mitnimmt. Ich freue mich darauf!

Wie sieht Ihr Alltag aus, wenn Sie all diese verschiedenen Projekte jonglieren?

Fevronia : Mein Alltag ist bunt und voller Aktivitäten! Ich liebe es, zu proben, zu tanzen, zu kochen, Haushalt zu machen, Sport zu treiben und Zeit mit Menschen zu verbringen. Die Herausforderungen des Selbstmanagements sind intensiv, aber ich feiere das Leben in all seinen Facetten. Es gibt Momente der Anspannung, aber auch viele freudige Augenblicke, die mich motivieren, weiterzumachen.

Vielen Dank, Fevronia, für diesen Einblick in Dein Leben und DeineProjekte. Wir freuen uns auf alles, was da kommen wird!

Fevronia: Vielen Dank! Es war mir eine Freude, meine Gedanken und Projekte zu teilen. Ich freue mich auf die Zukunft!

Weitere Informationen: http://fev-ronia.com/

Interview: Dr. Claudia Heib, Oktober 2024